Auf gleicher Fläche, einfach deutlich geräumiger sind die Hochdachmodelle von Pössl. Mit zusätzlichem Bett im Hochdach und praktischer Duschraumlösung ist der 2Win Vario, den es sowohl auf dem Fiat- als auch dem Citroën-Chassis gibt, das grösste Hochdachmodell im aktuellen Pössl-Progamm.
Der Marktführer im Bereich der CamperVans, der ausgebauten Kastenwagen, Pössl hat seine Produktlinien klar gegliedert. VanLine für die kleinen Campingbusse, D-Line für die gängigen Kastenwagen und H-Line für die Hochdachfahrzeuge. Die H-Line stand trotz toller Fahrzeuge immer etwas im Abseits, was Pössl nun mit komplett überarbeiteten Modellen ändern möchte. Wir haben uns den neuen 2Win Vario einmal genauer angeschaut.
Die Hochdach-Kastenwagenmobile von Pössl, in der H-Line vereint, sind eigentlich das Ergebnis einer Altlast. Der Klassiker Concorde Compact kommt 1994 vom Luxushersteller Concorde erst in den Vertrieb von Pössl, dann 2007 auch in die Herstellung zu Pössl. Das Modell passte nicht mehr in das Produktkonzept des Liner-Herstellers. Jetzt werden die Vario H-Line-Modelle in Serienproduktion im neuen Pössl-Werk in Odenwald gebaut.
Imposant erscheint der 2Win Vario. Er liegt von der Länge eigentlich in der kompakten 6-Meterklasse, sein schickes Hochdach verpasst ihm aber stattliche 3,12 Meter Höhe und bringt über 50 Zentimeter mehr Raum in das Kastenwagenmobil. Wie man diesen Zusatzbenefit toll nutzen kann, zeigt Pössl mit dem Vario. Die zusätzliche Fahrzeughöhe bringt bei dem solide ausgeführten GfK-Dach mit der charakteristischen Nase eine beachtliche Stehhöhe von lichten 2,45 Metern in das Mobil. Das schafft Raum für zwei zusätzliche Schlafplätze im Dachbereich und natürlich mehr Stauraum in Oberschränken. Bleiben wir gleich mal bei den Schlafplätzen: In die Konstruktion des Dachbettes ist viel Gehirnschmalz eingeflossen. Das Bett kann dank leichter Mechanik und der Unterstützung der Dämpfer sehr leicht bedient werden und bietet zwei bequeme Schlafplätze. Die sind sehr komfortabel mit Tellerfederung im Lattenrost ausgestattet und auch für grösser gewachsene Personen geeignet. Unter dem heruntergeklappten Dachbett bewegt man sich, in leicht gebückter Haltung, ohne Probleme. So können oben müde Reisende schlummern, und die restliche Crew hat im Parterre immer noch alle Chancen auf einen gemütlichen Abend an der Sitzgruppe. Und weil die Badtür als schlanke Lamellen-Schiebetür ausgeführt ist, bleibt selbst bei eingehängter Leiter zum Dachstübchen der Zwischengang und der Zugang zur Toilette immer frei. Die Aufstiegsleiter hat einen Platz zwischen Heckbett und Bad und lässt sich so clever verstauen. Die Raumhöhe beträgt 55 Zentimeter zwischen Matratze und Dachhimmel, zudem sorgen im Dach des Pössl 2Win Vario drei Fenster und eine Dachluke für genügend Luft und Licht.
Mit dem variablen Heckbereich macht der Vario seinem Namen alle Ehre. Das Heckbett ist als Querbett für zwei Personen angelegt. Es ruht links und rechts auf zwei unterschiedlich langen Bettkästen, die zusätzlichen Stauraum bieten und den Frischwassertank sowie links die Gasflaschen aufnehmen. Die Matratze ist dreigeteilt. Der mittlere Teil zwischen den Bänken ist eine Art Lattenrost aus einer gelochten Platte, der aufgeklappt und arretiert werden kann. So entsteht ein riesiger Stauraum mit Durchlademöglichkeit für sperrige Güter. Wird zusätzlich eine Schottwand entfernt, reicht der Stauraum bis in den Wohnraum. Liegt man im bequemen Heckbett, erstaunt erstmal die schiere Höhe des Hochdachs über dem Bett, die aber von den seitlichen Ablagen in Kopfhöhe wieder optisch reduziert wird. Im Bereich des Heckbettes sind Fenster in den Türen als Option vorgesehen. Sonst sorgen nur ein Dachluke und eine kleines Fenster im Hochdach für Licht. Und natürlich die LED-Spots rechts über dem Bett, die die Schlafrichtung vorgeben, was diesmal aber durchaus Sinn ergibt, da das Bett asymetrisch links im Fussbereich etwas schmaler wird.
Den Wohnraum des Vario hat man bei Pössl einer gut gelungenen Kur unterzogen. Statt des früher dunklen Interieurs sind jetzt im Möbeldekor und in der Polsterung helle, freundliche Farben im Angebot. Sie machen den Innenraum durchweg sympathisch und gemütlich. Sicher, auf der eingeschränkten Fläche des Kompaktmobils kann kein Ballsaal entstehen. So sind an der Dinettsitzbank und am Tisch die Bewegungsfreiheit schon eingeschränkt. Dennoch mit den gedrehten Fahrerhaussitzen und dem erweiterbaren Tisch kommt eine gemütliche Runde für vier zustande. Da kann auch die Küche mithalten, denn der Küchenblock überzeugt mit einer riesigen Arbeitsfläche und, bedingt auch durch das Hochdach, mit jeder Menge Platz und Stauraum. Toll gelöst ist der Kompressorkühlschrank in der Kopfseite des Küchenblocks: Er kann beidseitig geöffnet werden, und so darf man sein kühles Bierchen auch bei geöffneter Schiebetür bequem von draussen aus dem Kühlschrank holen. Aber auch im Detail kann der Pössl 2Win Vario gefallen: Steckdosen, Leuchten und eine USB-Steckdose sind gut verteilt, Möbel, Polster und Beschläge sind solide und vermitteln einen wertigen Eindruck, die Verarbeitungsqualität ist mehr als ordentlich.
Dicker Pluspunkt im 2Win Vario ist das Bad. Es ist für ein Kompaktmobil erstaunlich geräumig, die drehbare Cassettentoilette befindet sich auf bequemer Sitzhöhe, und ein cleverer Schwenkmechanismus bringt einen passablen Duschraum. Fast die komplette Nasszelle ist aus pflegeleichtem Kunststoff, Feuchtigkeit sollte ihr nichts anhaben können. Zusätzlich zur guten Beleuchtung gibt es sogar noch zwei Oberschränke und einen Unterschrank sowie offene Ablagen und Haken. Damit beim Duschen der Sanitärraum nicht unter Wasser gesetzt wird, und man sich nicht mit einem am Körper klebenden Duschvorhang herumschlagen muss, schwenkt man einfach die gesamte Waschtisch-Wand zur Seite. So entsteht eine geräumige Duschkabine mit eigener Armatur.
Und fahren? Der Pössl rollt serienmässig auf einem Citroën Jumper-Chassis. Das ist im Grundpreis etwas günstiger, aber auch mager ausgestattet. Der Testwagen auf Fiat Ducato ist im Standard-Trimm schon recht gut ausge-stattet, was sich in der Paket-Politik deutlich bemerkbar macht. Das sehr empfehlenswerte All-In-Paket mit Details wie Motor-Klimaanlage, Fahrerhausverdunklung oder Mückenschutztür sowie allerlei Elektro-Komfort kostet für die Fiat-Ducato-Basis 1469 Franken, bei der Citroën-Jumper-Basis muss man 3389 Franken hinblättern, weil der französische Ducato-Bruder zwar günstiger, aber weniger ausgestattet ist. Also ein einfaches Rechenexempel. Dazu kommt, dass es den Citroën Jumper noch mit der Motorenvariante 165 PS geben wird, die Fiat demnächst aus dem Programm nehmen will. Dafür ist für den Franzosen keine Automatik zu bekommen. Unser Testwagen ist mit der nicht mehr lieferbaren 160-PS-Multijet 3-Variante, der feinen 9-Speed-Automatik und einem kompletten Schwung an Assistenzsystemen ausgestattet. Deshalb machte das Reisen mit dem Pössl durchweg Spass, Handling und Fahreigenschaften zeigten sich untadelig, wenngleich wegen der Höhe eine gewisse, aber unproblematische Seitenwind-Empfindlichkeit zu verzeichnen war. Echter Pluspunkt: Die feine Neungang-Automatik, die seidenweich, kaum wahrnehmbar schaltet. Ärgerlich war der zwischenzeitliche Ausfall der Assistenzsysteme. Und der Durst? Der Verbrauch hielt sich trotz der cw-wert-feindlichen Fahrzeugausmasse mit 10,7 Liter auf 100 Kilometer in akzeptablem Rahmen.
Wer sich für ein nicht alltägliches Vierpersonenmobil auf Kastenwagenbasis interessiert, sollte sich ruhig mal die H-Line-Serie von Pössl anschauen. Der 2Win Vario als Top-Modell der Baureihe hat eine gelungene Kur hinter sich und überzeugt in der aktuellen Modellversion 2022 durch Optik, schickes Design und hohe Qualität in Auf- und Ausbau.
Weitere Einblicke gibt es im Magazin WOHNMOBIL & CARAVAN. Die Ausgabe 4/2022 lässt sich online bestellen.
Text und Fotos: Claus-Detlev Bues
aus: Wohnmobil und Caravan, Heft Nr. 4/2022