In der Branche ist man sich einig: Eine Erhöhung des Gesamtgewichtes von 3,5 t auf 4,25 t würde Wohnmobile sicherer machen. Doch wie entscheidet die EU-Kommission im März?
Mit der 2. Führerscheinrichtlinie (91/439/EC) wurde 1999 die Gewichtsklasse für den Führerschein Kategorie B europaweit auf 3,5 Tonnen (t) vereinheitlicht. Bereits damals gab es Bestrebungen, das Gewicht auf 4,25 t festzulegen, und es begann eine intensive Zeit der politischen Einflussnahme durch die nationalen Wohnmobil-Herstellerverbände unter der Leitung der European Caravan Federation (E.C.F.).
An der dritten Hürde gescheitert
Das Lobbying hat bei der Kommission in Brüssel und bei den nationalen Vertretern des Parlamentes bei der 3. Führerscheinrichtlinie (2006/126/EG) Erfolg gehabt. Nicht nur die Kommission, sondern auch das Europäische Parlament unterstützte die Inititiative des ECF für die Erweiterung des B-Führerscheins für Wohnmobile auf 4,25 Tonnen. Leider scheiterte das Anliegen im EU-Rat wegen mangelnder Unterstützung seitens der Mitgliedsstaaten. Für die Hersteller war klar, dass sie mit der Kommission in Verbingung bleiben mussten, um bei einer vierten Richtlinienrevision erneut die Chance zu nutzen.
Wohnmobilisten schalten sich ein
2011 schalteten sich erstmals Wohnmobilisten in die Diskussion ein: «Als (…) Reisemobilclub hat sich der EMHC entschlossen, mit einer Unterschriftenaktion für eine Ausweitung des Pkw-Führerscheins auf 4,25 Tonnen zu kämpfen», verkündete der Euro Motorhome Club e.V. (EMHC), und im gleichen Jahr begannen Schweizer Mitglieder des Clubs bei der Sammlung von mehreren Tausend Unterschriften mitzuhelfen.
Ausnahmen für Wohnmobile gefordert
Noch heute kämpfen Wohnmobilisten für die längst überfällige Anpassung der Gewichtslimite für Wohnmobile. Der Schweizerische Camping- und Caravaning Verband und Wohnmobilland Schweiz reichten im letzten Jahr beim Bund eine Petition unter der Bezeichnung «4,25 Tonnen für Wohnmobile mit Kat. B» mit Tausenden von Unterschriften ein. In die gleiche Richtung ging die Forderung einer Motion von Nationalrat Grüter, die von 53 Parlamentariern unterzeichnet wurde: «Der Bundesrat wird beauftragt, die gesetzlichen Grundlagen so anzupassen, dass die Gewichtsbeschränkung für Wohnmobile und Kleinbusse auf 4,25 t vereinheitlicht wird.» Nachdem der Bundesrat deutlich machte, dass die Kompetenz des Bundes bei einer solchen Anpassung nur bis zur Landesgrenze reicht, wurde die Motion zurückgezogen.
Ausnahmen nur für alternative Antriebe
Einen schweren Stand hat in der EU die Forderung einer Sonderregelung für Wohnmobile. Der Aufschrei bei Lieferdiensten, Transporteuren und Gewerbetreibenden ist gross. So stehen auch Forderungen im Raum, entweder die 4,25 t für alle oder abgesehen von der bisherigen Ausnahme für keinen einzuführen. Genau dies wiederum weckt jedoch Befürchtungen, dass künftig verstärkt vom Nachtfahrverbot ausgenommene 4,25-t-Lieferwagen nachts quer durch ganz Europa rasen. Tatsächlich gibt es seit 2018 mit der Richtlinie (EU) 2018/64 nur eine einzige Ausnahme vom 3,5-t-Limit für «Gewerbliche B bis zu 4,25 t mit alternativem Antrieb». Diese gilt allerdings nur für Beförderung von Gütern und in den jeweiligen Staaten. Das heisst es sind keine Lieferungen über die Grenze möglich, selbst wenn beide Staaten solche Ausnahmeregelungen kennen.
4. Führerscheinrichtlinie
Seit 2019 die 4. Führerscheinrichtlinie aufgegleist wurde, sind der ECF und die nationalen Herstellerverbände verstärkt dabei, in der EU-Kommission, bei EU-Parlamentariern sowie nationalen Behörden für eine 4,25-t-Lösung zu werben. Wie es ausgeht, weiss niemand. Die wahrscheinlichsten Szenarien sind:
Vor der ersten Hürde
2006 hat die 4,25-t-Idee zwei der drei Hürden EU-Kommission, EU-Parlament und EU-Rat genommen. Aktuell steht mit dem Entscheid der EU-Kommission, die im März erwartet wird, die erste Hürde für Einführung des 4,25-t-Führerscheins an. Klappt das, folgen Entscheide im EU-Parlament und EU-Rat. Klappt es nicht, ist das Thema aus EU-Verwaltungslogik für die nächsten Jahre vom Tisch. Kaum anzunehmen, dass eine fünfte Revision der Führerscheinrichtlinie vor 2030 in Angriff genommen würde.
aus: Wohnmobil und Caravan, Heft Nr. 1/2023