Luftzelt – Möglichkeiten und Grenzen

Luft ist leicht, das lernen wir schon als Kinder. Warum also ein Zelt schwerer konstruieren als nötig? Air-In-Zelte sind Leichtgewichte – sowohl bei der Tragelast als auch beim Aufbau. Claus Winneknecht, Inhaber und Geschäftsführer der dwt-Zelte GmbH aus Baunatal, erklärt im Interview, was hinter diesen vielseitigen Zelten steckt, aber auch, wo die Grenzen liegen.

Air-In-Zelte von dwt sind als leichte Reisezelte konzipiert. Sie sind perfekte Begleiter für Kurztrips, Wochenendreisen und für Camper, die häufig den Standort wechseln.
Air-In-Zelte von dwt sind als leichte Reisezelte konzipiert. Sie sind perfekte Begleiter für Kurztrips, Wochenendreisen und für Camper, die häufig den Standort wechseln.
Distanzpolster spannen das Dach des Space Air HQ aus und sorgen für Stabilität.
Distanzpolster spannen das Dach des Space Air HQ aus und sorgen für Stabilität.
Mit dem optionalen Innenhimmel wird es im Space Air HQ nicht nur gemütlicher, auch die Kondenswasserbildung wird reduziert.
Mit dem optionalen Innenhimmel wird es im Space Air HQ nicht nur gemütlicher, auch die Kondenswasserbildung wird reduziert.

Herr Winneknecht, Ihr Unternehmen war eines der ersten in Deutschland, das Luftzelte auf den Markt gebracht hat. Waren Sie von Anfang an vom Erfolg überzeugt?
Claus Winneknecht: «Als wir 2013 die ersten Air-In-Modelle präsentiert haben, zweifelten viele an der Stabilität und somit am Konzept dieser Zelte. Heute wissen wir: Die Idee, das herkömmliche Stahl- oder Fiberglasgestänge durch Luftschläuche zu ersetzen, hat sich durchgesetzt. Immer mehr Hersteller bringen Luftzelte auf den Markt und folgen damit dem Trend, den wir mit unserem ‹Air In› genannten Konzept in Deutschland begründet haben. Natürlich geht man stets ein Risiko ein, wenn man etwas Neues wagt, aber der Erfolg gibt uns heute recht.»

Was macht dieses Konzept so erfolgreich?
Claus Winneknecht: «Unsere Air-In-Zelte überzeugen mit etlichen Vorteilen. An erster Stelle steht der wirklich einfache Aufbau. Während bei Gestängezelten meistens zwei Personen Hand anlegen müssen, gelingt es bei Air-In-Zelten einer einzigen Person mühelos, das Zelt aufzustellen. Zelthaut ausbreiten, Luftpumpe ans Ventil anschliessen, aufpumpen – fertig. Das dauert bei unseren Zelten höchstens 10 bis 15 Minuten. Bei vielen konventionellen Zelten nimmt schon das Sortieren und Zusammenstecken des Gestänges so viel Zeit in Anspruch. Und was für den Aufbau gilt, trifft auch auf den Abbau zu: Ventile öffnen, Zelthaut zusammenlegen, verstauen. Das ist ebenfalls in wenigen Minuten erledigt. Weil die Luftschläuche das Gestänge meist komplett ersetzen, haben Air-In-Zelte weniger Packvolumen, weniger Transportmasse und weniger Gewicht.»

Für welche Campingformen eignen sich die Air-In-Zelte?

Claus Winneknecht: «Sämtliche Air-In-Zelte von dwt sind als leichte Reisezelte konzipiert – also immer für das Reisecamping. Sie sind perfekte Begleiter für Kurztrips, Wochenendreisen und für Camper, die häufig den Standort wechseln. Die von uns verwendeten Materialien sind sehr leicht und dennoch äusserst robust; sie sind unverwüstlich bei hoher Gebrauchsfrequenz im überschaubaren Zeitrahmen. Für längere Standzeiten wie beim Saisoncamping von Frühjahr bis Herbst sind unsere Air-In-Zelte hingegen nicht geeignet.»

Luftzelte sind also nicht universell einsetzbar?

Claus Winneknecht: «Natürlich sind Luftzelte eine tolle, innovative Lösung für Camper, die kurzzeitig an einem Standort verweilen, weil Auf- und Abbau wie auch das Handling fast einem Kinderspiel gleichen. Doch genauso ehrlich müssen wir die Grenzen dieser Zeltklasse sehen und diese Limits unseren Kunden mitteilen. Diese Restriktionen resultieren aus den eingesetzten Materialien, den Konstruktionen und aus der Zielgruppe, also Caravaner, Reisemobilisten oder Buscamper. Die in den Luftzelt-Modellen eingesetzten Materialien sind selbstverständlich alle für den Campingzelt-Bau geeignet. Doch mit den Materialien, die der Camper bei leichten Zelten wünscht und erwartet, können wir natürlich nicht die Robustheit der Gewebe bieten, die Camper bisher aus dem europäischen Zeltbau kennen und schätzen. Uns wird häufig die Frage gestellt, ob Air-In-Zelte wintertauglich seien. Unsere Antwort ist ein deutliches Nein. Winter ist Winter und bleibt Winter – mit Schnee und frostigen Temperaturen. Klassische Winterzelte trotzen diesem Wetter mit stabilen Stahlgestängen und feuchtigkeitsresistenten Geweben. Angetaute und erneut gefrorene Schneeschichten sind im gebrochenen Zustand messerscharf. All diesen Umständen halten Luftzelte mit ihren Materialien nicht stand.»

Gibt es weitere Einschränkungen?
Claus Winneknecht: «Die verwendeten Materialien sind wie bereits erwähnt fürs Reisecamping gedacht. Hohe UV-Belastung durch lange Standzeiten am selben Ort kann das Material schädigen. Aufgrund der hohen Dichtigkeit des Materials kann es zudem bei nicht ausreichender Lüftung zu erhöhter Kondenswasserbildung kommen. Unsere Air-In-Zelte verfügen jedoch serienmässig über mehrere Belüftungsmöglichkeiten. Ein luftdichter Zeltboden in Verbindung mit regelmässigem Lüften verringert die Bildung von Kondenswasser deutlich. Wir lassen die Gewebe in Laboren und in Prüfinstituten auf ihre Eigenschaften testen. Die Prüfungen, in denen realistische Wetterbedingungen nachgestellt werden, enden mit einer zu erwartenden theoretischen Lebensdauer. Diese Lebenszeit kann nun in unterschiedlichen Zeitblöcken verwendet werden. Sollte also ein nur für Reisezwecke empfohlenes Zelt fürs Saisoncamping zweckentfremdet werden, so steigt die Wahrscheinlichkeit, dass sich in der Folge die mögliche Lebensdauer des Zeltes reduziert.»

Was gilt es darüber hinaus zu beachten?
Claus Winneknecht: «Jedes Zelt dient dem Gebrauch und wird entsprechend beansprucht. Die wenigen Handgriffe für den Aufbau eines Air-In-Zeltes wirken sich äusserst nutzungsschonend aus und versprechen eine hohe Produktlanglebigkeit – die richtige Pflege vorausgesetzt. Natürlich sollte der Camper sein Zelt nach dem Aufbau ordentlich abspannen. Und beim Zusammenlegen sollte das Zelt möglichst trocken sein. Falls dies einmal nicht möglich ist, weil die Wetterverhältnisse das nicht zulassen, ist es wichtig, das Zelt bei nächster Gelegenheit vollständig zu trocknen.»

Sind Air-In-Zelte an bestimmte Fahrzeugtypen gebunden?

Claus Winneknecht: «Nein. Es gibt sie als freistehendes Zelt für Campingbusse und Reisemobile sowie als eingezogene Variante für die Kedereinzugsschiene eines Wohnwagens oder die Markisennut an Wohnwagen und Reisemobil. Viele unserer Air-In-Zelte besitzen zwei Keder von fünf und sieben Millimeter Stärke – dwt hat damit für jede Anforderung und auch für unterschiedliche Anbringungshöhen das passende Modell. Sollte das Air-In-Zelt an einer Markise montiert werden, die nicht auf dem Dach, sondern an der Fahrzeugwand angebaut ist, so muss der Camper darauf achten, dass er die gegen das Fahrzeug gerichteten Luftschläuche mit den Distanzkissen verlängert, damit die Spannung des Zeltes und damit die Stabilität nicht leidet. Viele Reisemobil- und Buscamper setzen auf ein Markisenzelt, da die Nutzer meist bereits eine Markise am Fahrzeug montiert haben.»

Worin bestehen die Unterschiede zwischen einem Luftzelt und einem Markisenzelt?
Claus Winneknecht: «Die Unterschiede beginnen schon bei den Kosten – ein nicht ganz unwichtiges Kriterium. Eine gute Markise kostet ohne die zusätzlichen Wandteile bereits mehr als die meisten Air-In-Zelte. Für Vorder- und Seitenwände der Markise sind dann nochmal etliche hundert Franken fällig. Ausserdem sind Air-In-Zelte bei Wind und Wetter wesentlich stabiler als ein Markisenzelt, denn bei Wind wirken starke Kräfte auf die Markise und deren Befestigung am Fahrzeug. Markisenhersteller empfehlen daher meist, die Markise einzurollen. Ein Air-In-Zelt ist dagegen sehr flexibel und dennoch stabil, selbst bei starkem Wind. Wir haben das mal in einem Video bei Windstärke sieben demonstriert. Gestängebruch ist ebenfalls ausgeschlossen. Ein weiterer Unterschied: Die meisten Air-In-Modelle sind freistehend und können bei Ausflügen am Standort zurückbleiben, während das Markisenzelt vollständig abgebaut werden muss.»

Am Markt werden unterschiedliche Luftschlauch-Konstruktionen angeboten – auch von dwt. Worin unterscheiden sich die Einkammer- und Mehrkammersysteme?
Claus Winneknecht: «dwt achtet auf eine hohe Benutzer- und Bedienfreundlichkeit. Wir folgen bei dieser Frage grundsätzlich der Zeltform und Zeltkonstruktion. Mehrkammersysteme bringen in der Regel kleinere Packmasse und auch geringere Gewichte mit sich und darüber hinaus bewerten wir diese Systeme auch als servicefreundlicher. Wir ziehen bei dieser Frage deshalb gerne den Vergleich zu dem bekannten Thema bei Schlauchbooten und Luftmatratzen.»

In den Beschreibungen der Luftzelte werden häufig Angaben zur Wassersäule gemacht. Warum ist diese Angabe wichtig und was sagt sie aus?
Claus Winneknecht: «Die Wassersäule ist neben vielen anderen Daten nur ein technischer Wert, mit dem ein Material charakterisiert und definiert werden kann. Für Funktionsbekleidung ist die Wassersäule ein zentraler Wert und wirklich aussagekräftig, weil er die Dichtigkeit beschreibt. Beispiel: Ich stütze mich mit meiner Allwetterjacke über meinen Ellenbogen auf einer Brüstung ab – je höher die Wassersäule, desto sicherer bleibt mein Arm trocken. Bei Vorzelten muss das Gewebe lediglich die aufprallenden Regentropfen abwehren; deren Druck kann durch Wind noch etwas gesteigert werden. Doch die hieraus entstehenden Belastungen sind nicht allzu gross. Deshalb gelten im Camping-Zeltbau Materialien mit einer Wassersäule von über 700 Millimetern zur Herstellung einer Aussenzelthaut schon als geeignet. Weil dieser Mindestwert bei allen dwt-Zelten weit überschritten wird, verzichten wir in unseren Produktbeschreibungen auf die eher irreführende Angabe der Wassersäule. Gestatten Sie mir in diesem Zusammenhang den Hinweis, dass aufgrund der dichten Zeltmaterialien der Camper und Anwender eher mit dem Kondenswasser konfrontiert wird. Zur Reduzierung von Kondenswasser muss das Zelt über ausreichend Lüftungseinsätze verfügen, die auch bei Schlechtwetter ihrer Aufgabe gerecht werden können. Beispielhaft möchte ich hier die Fensterklappe an unserem Modell Space Air HQ nennen.»

An welchen Werten kann sich denn der Camper beim Kauf eines Luftzeltes orientieren?
Claus Winneknecht: «Es ist für den Camper, der nicht täglich mit der Materie zu tun hat, nahezu unmöglich, nur anhand der technischen Materialdaten eine für ihn sinnvolle Entscheidung zu treffen. Denn neben der Wassersäule haben die Werte der Lichtechtheit und Wetterbeständigkeit, aber auch die Reisswerte oder die der Weiter-Reissfestigkeit eine bedeutsame Aussagekraft. Ich denke, es sollte nicht die Aufgabe des Kunden sein, das alles bewerten zu können. Dies sollte wie in der Vergangenheit auch in Zukunft den Herstellern bei der Zeltentwicklung obliegen. Alle Luftzelte haben ihren Ursprung überwiegend in Asien. Dort kann jedermann einkaufen und den Handel beginnen – egal, ob mit oder ohne Fachwissen. Und hier den Durchblick zu behalten, ist wirklich eine Herausforderung. Umso mehr können wir den Campern nur empfehlen, sich für ein Produkt eines namhaften und erfahrenen Herstellers zu entscheiden. Der Kauf ist und bleibt Vertrauenssache. Das tägliche Geschäft zeigt uns, dass der Camper Serviceleistungen in Anspruch nimmt und nehmen muss. Bei dwt überlassen wir nichts dem Zufall. Wir selbst konstruieren die Zelte, wir definieren die zum Einsatz kommenden Materialien und übernehmen selbstverständlich auch in unserem deutschen Produktionsbetrieb alle später gewünschten Serviceleistungen. Kompetenz und Erfahrung begleiten unsere Air-In-Zelte bereits ab der Entwicklung. Diese Sicherheit geben wir unseren Kunden mit auf den Weg.»

Heute werden überwiegend Teilzelte mit Luftschlauchsystemen angeboten. Kann man diese Idee nicht auch auf Ganzzelte übertragen?
Claus Winneknecht: «Grundsätzlich ist alles denkbar. Doch wer gewissenhaft Caravan-Vorzelte konstruiert, baut und anbietet, wird sich hierin nicht versuchen. Unsere Erfahrungen bestätigen die hohe Erwartungshaltung unserer Fachhändler und Camper. Die Kunden verleben mit Caravaning ihre schönste Urlaubszeit und oftmals sind die Reiseziele an den Küsten der Nord- und Ostsee oder im Mittelmeer-Raum. Schönwetter-Camping ist wünschenswert, das kann aber niemand garantieren. Das heisst: Die Vorzelte müssen dem Wetter standhalten, die Zelthaut muss maximal aus- und abgespannt werden, um dem Wind keine Angriffsfläche zu bieten. Vorzelte werden in den Caravan eingezogen und folgen damit der Wohnwagenkontur. Die Wohnwagenformen sind jedoch äusserst unterschiedlich. Hinzu kommen die Grössenspiegel, also die Umlaufmasse, in denen Vorzelte angeboten werden. Diese Ausgangssituation erfordert ein Zeltgestänge, das sich in alle Richtungen teleskopieren lässt. Luftschläuche bieten diese Möglichkeiten bis heute nicht. Die Camper erwarten von uns als erfahrenem und erfolgreichem Hersteller Lösungen, die zuverlässig sind. Deshalb halten wir den in Ihrer Frage formulierten Gedanken nicht für realistisch.» 

aus: Wohnmobil und Caravan, Heft Nr. 5/2018

Bezugsquelle:
dwt Zelte
www.dwt-zelte.de

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